Personen stehen an einem Grillwagen an.

Pfarrcaritas serviert Wohnungslosen ein Überraschungsessen

Ein Duft von Grillhähnchen zieht über den Hinterhof des Wilhelm-Sternemann-Hauses in Gelsenkirchen und lockt immer mehr hungrige Gäste an. „Das spricht sich jetzt herum wie ein Lauffeuer“, weiß Christoph Fuß (36), Leiter der Caritas-Beratungs- und Begegnungsstätte für wohnungslose Menschen. Rund 50 bis 60 Menschen kommen mittags regelmäßig für ein warmes Essen hierher. „Aber dass ein Grillhähnchen-Wagen im Hof steht, ist schon etwas Besonderes“, sagt Fuß. Möglich gemacht hat das eine Spende der ehrenamtlichen Caritas in der örtlichen Pfarrei St. Augustinus. Das Geld stammt zu einem großen Teil aus der Spendensammlung „Füreinander. Für hier.“, die Caritas und Diakonie halbjährlich durchführen.

Deshalb ist das halbe Hähnchen heute für alle kostenlos – die wohnungslosen Männer und Frauen sind Gäste der Pfarrcaritas. Üblicherweise zahlen sie einen Euro für das Mittagessen als symbolischen Beitrag zu den tatsächlichen Kosten. Es gehe dabei um Wertschätzung für das Essen, erklärt Einrichtungsleiter Fuß, und um die Würde der Menschen: „Denn, wenn ich etwas zahle für mein Essen, komme ich nicht als Bittsteller“.

Vor dem Essen ein Tischgebet

Mittlerweile hat sich vor dem Hähnchen-Wagen eine lange Schlange gebildet. Zu dem knusprigen halben Hähnchen gibt es Kraut- oder Kartoffelsalat. Die Begeisterung ist groß. Manch einer bedankt sich persönlich für das „Festessen“ bei den haupt- und ehrenamtlichen Caritas-Mitarbeitenden, die sich an den Tischen im Hof und Speiseraum unter die Gäste mischen. Ahmet*, ein Deutsch-Türke mit wenig Geld, aber Dach über dem Kopf, wie er sagt, spricht das Tischgebet, bevor alle es sich schmecken lassen. Auf der Straße würde dem Mann mittleren Alters mit souveränem Auftreten sicher niemand anmerken, dass er finanzielle und psychische Probleme hat. Seit dreieinhalb Monaten ist er von einem längeren stationären Aufenthalt zurück und steht unter rechtlicher Betreuung. „Die Sozialarbeiter*innen sind Vorbild für mich, gepflegt auszusehen, mich zu verbessern und daran zu arbeiten, dass ich wieder selbstständig werde. Ihre Empfehlungen nehme ich gerne an“, sagt er.

Ein Gruppenbild vom Vergabeausschuss St. Augustinus (5 Menschen, 3 Männer und 2 Frauen), die hinter roten Blumen stehen.

Der Vergabeausschuss der Pfarrcaritas von St. Augustinus entscheidet über die Verwendung der anvertrauten Spendengelder. Ihm gehören an (v.l.n.r.)  Dr. Georg Schneiders, Ursula Siepermann, Pater Peter Eisenbart OMI, Ulrike Steuke, Klaus Wehrhöfer.

Arztmobil für Menschen ohne Krankenversicherung

Die ehrenamtliche Caritas in der Pfarrei St. Augustinus unterstützt die Wohnungslosen-Begegnungsstätte schon seit Jahren, wie auch das Arztmobil, das ein- bis zweimal in der Woche hier Station macht und sich um die medizinische Grundversorgung der Menschen kümmert, von denen einige weder eine Meldeadresse noch eine Krankenversicherung haben. Für Verbandsmaterial und Medikamente fallen eine Menge Kosten an, aber auch für Benzin und die Wartung des Fahrzeugs. Mit 1.000 Euro pro Jahr unterstützt die Pfarrcaritas das Arztmobil im Einsatz für die Schwächsten und Verletzlichsten.

Caritas-Arbeit ist auch Seelsorge

Für Ursula Siepermann (81), Mitglied im Team der Caritas-Konferenz in St. Augustinus, ist die Caritas-Arbeit eine Herzensangelegenheit. Schon seit über 40 Jahren engagiert sie sich ehrenamtlich bei der Caritas, hat in ihrer Gemeinde eine Kleiderstube mit aufgebaut und ist jedes Jahr im Sommer wie im Winter vier Wochen lang von Tür zu Tür gegangen, um Spenden für Menschen in Not zu sammeln. „Das war noch viel mehr als das: Wir haben mit den Leuten gesprochen, uns Zeit genommen, ihnen zugehört und uns gekümmert“, erinnert sie sich. Mittlerweile werden Überweisungsträger verteilt und im Pfarrbrief wird zu Spenden aufgerufen – der Aufwand, von Tür zu Tür zu gehen, ist für die verbliebenen Mitarbeitenden zu groß geworden.

Fünf Personen stehen vor einem Haus und blicken in die Kamera.

Die Ehrenamtlichen Caritas-Mitarbeitenden von St. Augustinus unterstützen Hilfsprojekte und caritative Einrichtungen in ihrer Gemeinde. (v.l.n.r.: Pater Peter Eisenbart OMI, Klaus Wehrhöfer, Dr. Georg Schneiders, Ursula Siepermann, Ulrike Steuke)

Not sehen und handeln

Als Team stellen die ehrenamtlich Engagierten weiterhin gemeinsam eine Menge auf die Beine – immer getreu dem Caritas-Motto „Not sehen und handeln!“. Neben der Wohnungslosenhilfe werden unter anderem auch Kinderheime, ein Frauenhaus, die Tafel und die präventive Arbeit mit suizidgefährdeten Jugendlichen unterstützt. Nur dank der Caritas-Hilfe konnte der Orden der Amigonianer in Gelsenkirchen in den vergangenen drei Jahren das Angebot der Hausaufgabenbetreuung aufrechterhalten. Immer wieder hilft die Pfarrcaritas schnell und unbürokratisch, wenn jemand in Not ist, wie zum Beispiel Alleinerziehenden und Familien, die am Rande des Existenzminimums leben und den Essensbeitrag in der Kita nicht zahlen können. Oder der Seniorin, die von ihrer kleinen Rente den Alltag nicht bestreiten kann, der es an Geld für Lebensmittel oder Medikamente fehlt und vieles mehr. „Die Dankbarkeit und die Freundlichkeit der Menschen, denen wir helfen oder eine Freude bereiten, sind für uns immer wieder Ansporn“, beschreibt Siepermann die Motivation der ehrenamtlich Aktiven, die im besten Sinne „Caritäter“ sind.

*Name geändert

Text: Nicola van Bonn

Durch Aktionen wie die Essensausgabe mit einem echten Highlight kann die Besonderheit im Leben von Menschen bewahrt werden, die zu sehr und zu selbstverständlich zur Seltenheit wird. Mit diesem Engagement und dem weiteren Hilfsangebot in der Gemeinde St. Augustinus, das größtenteils durch Spenden getragen wird, können Besonderheiten und Alltagsnotwendigkeiten gleichermaßen für bedürftige Menschen bereitgestellt werden.