Das Bild zeigt eine Gruppe Menschen, die gemeinsam Hausaufgaben machen.

Kindern eine Chance geben

Ali* geht zu dem prall mit Büchern gefüllten Schrank und holt sich ein Lesebuch. Der achtjährige afghanische Junge lebt seit einem Jahr in Deutschland und besucht die erste Klasse. Übungsleiterin Iman Bousroufi unterstützt Ali beim Lernen und ist beeindruckt von seinen Fortschritten. „Er hat sehr schnell Deutsch gelernt“, sagt die Studentin. „Und jetzt übt er fleißig zu lesen. Er will das unbedingt lernen.“

Die Kinder möchten etwas erreichen

Ali ist eines von rund 150 Kindern, die regelmäßig in die Hausaufgabenhilfe des Diakonischen Werks Bonn im Ortsteil Tannenbusch kommen. Die meisten sind im Grundschulalter oder in der Mittelstufe. Das Viertel gilt als strukturschwach. Von den rund 10.600 Einwohnern sind mehr als 60 Prozent Zuwanderer. Viele Eltern können ihre Kinder nicht bei den Schulaufgaben unterstützen, etwa weil sie selbst nicht gut genug Deutsch sprechen oder das deutsche Schulsystem nicht kennen. Für Kinder, die Unterstützung beim Lernen brauchen, ist die Hausaufgabenhilfe deshalb oft der einzige Anlaufpunkt. „Wenn es diese Hausaufgabenhilfe nicht gäbe, stünde es hier um viele Kinder schlecht,“ sagt Koordinatorin Daniela Bender. „Das sind alles tolle Kinder, aus denen etwas werden kann“, ist sie überzeugt. „Viele unserer Kinder kommen aus Syrien oder Afghanistan. Sie haben sich gut angepasst und möchten etwas erreichen.“

Doch wenn Schwierigkeiten in einem oder mehreren Schulfächern auftreten, fehlt den Kindern oft die entscheidende Hilfestellung, um die Hürden zu überwinden. Hier springt die Hausaufgabenhilfe ein und schreibt schulische Misserfolge zu Erfolgsgeschichten um. Da ist zum Beispiel der 15-jährige Karim*, der vor allem in Mathematik große Schwierigkeiten hatte. Ein ehrenamtlicher Übungsleiter lernte monatelang intensiv mit dem Jungen, der das Schuljahr mit einem Erfolgserlebnis abschließen konnte: Eine Zwei in der Klassenarbeit. Oder Fatima*, die in mehreren Fächern Probleme hatte und regelmäßig in die Hausaufgabenhilfe kam. „Jetzt hat sie das Fachabitur geschafft“, freut sich Übungsleiterin Iman Bousroufi.

Wenn es diese Hausaufgabenhilfe nicht gäbe, stünde es hier um viele Kinder schlecht.

Koordinatorin Daniela Bender
Eine Frau unterstützt ein Mädchen mit Kopftuch bei ihren Hausaufgaben.

Ehrenamtlerin Maria unterstützt bei den Hausaufgaben.

Ein Erfolgsrezept der Hausaufgabenhilfe ist die intensive Betreuung der Kinder und Jugendlichen, die in der Regel zweimal pro Woche kommen. Viele Kinder brauchen besondere Aufmerksamkeit, etwa weil sie Konzentrationsprobleme haben oder aber besondere Schwierigkeiten bei der Rechtschreibung oder beim Zahlenverständnis. Insgesamt 40 Übungsleiterinnen und Übungsleiter unterstützen die Kinder, darunter 15 Ehrenamtliche. Die meisten Mitarbeitenden sind Studierende unterschiedlicher Fachrichtungen. Viele von ihnen sind auch in Tannenbusch aufgewachsen oder haben sogar selbst in ihrer Schulzeit die Hausaufgabenhilfe besucht. Immerhin gibt es das Angebot schon seit rund 40 Jahren.

Oft geht es für die Kinder um weit mehr als das Lernen. „Wir sind mehr als eine reine Hausaufgabenhilfe“, stellt Bender fest, die viele Gespräche mit den Kindern und Jugendlichen führt. „Schüler mit einem schwierigen Sozialverhalten in der Schule sind in der Lage sich zu bessern, wenn man sich intensiv mit ihnen auseinandersetzt.“ Für viele Kinder sei die Hausaufgabenhilfe auch ein Rückzugsort, beobachtet Übungsleiterin Sumayan Kassim. „Sie sprechen mit uns auch über Dinge, die ihnen auf dem Herzen liegen.“ Die Kinder bringen viele Fragen mit, die weit über den Schulstoff hinausgehen. „Wir versuchen, das Selbstbewusstsein der Schülerinnen und Schüler zu stärken und sie zu ermutigen, nicht aufzugeben“, sagt Bender. Und nicht zuletzt schließen manche Kinder in der Hausaufgabenhilfe auch Freundschaften. Denn nach der Arbeit haben sie auch die Möglichkeit, zu spielen.

Eine Frau hilft Kindern bei ihren Hausaufgaben.

Die Koordinatorin des Projekts Daniela Bender hilft bei den Hausaufgaben.

Steigender Bedarf muss durch Spenden finanziert werden

Trotz der wichtigen Lücke, die die Hausaufgabenhilfe im Ortsteil schließt, muss sie immer wieder um ihre Finanzierung kämpfen. Die Kommune übernimmt 28 Prozent der Gesamtkosten. 48 Prozent der Refinanzierung wird durch die regelmäßige Förderung der Rotary Clubs Bonn Süd-Bad Godesberg, des Vereins Sterntaler und einer Stiftung bestritten. Doch es bleibt eine Lücke von 24 Prozent, die jährlich durch Spenden gefüllt werden. Das wird immer schwieriger. „Denn der Bedarf steigt“, sagt Bender. Gerne würde sie weitere Übungsleiter*innen einstellen, um mehr Kindern helfen zu können.

Ein großer Wunsch bleibt es auch, den Kindern ein Programm in den Sommerferien anbieten zu können. „Da besteht eine große Nachfrage, denn viele können nicht verreisen und auch keine kulturellen Angebote wahrnehmen.“ In den vergangenen Jahren konnte Bender mit viel Engagement, auch von Ehrenamtlichen, ein Ferienprogramm mit Angeboten wie Basteln, Nähen, Ausflügen und Spielen organisieren. Allerdings reichte das Geld nicht, um alle Kinder auf Ausflüge mitzunehmen. Einige Kinder konnten dabei unterstützt werden, in den Ferien Wissensrückstände aufzuholen. „Das Angebot für ein Ferienprogramm mussten wir aber nun leider aussetzen, weil das Geld nicht reichte.“ Schon mit Spenden von 1.000 bis 2.000 Euro könnte der nächste Sommer für die Kinder wieder fröhlicher werden.

* Name geändert

Text: Claudia Rometsch

Die Hausaufgabenhilfe im Bonner Ortsteil Tannenbusch unterstützt rund 150 benachteiligte Kinder regelmäßig dabei, ihre Schullaufbahn erfolgreich abzuschließen. Mit Hilfe von Spenden sowie ehrenamtlichem Engagement schafft das Diakonische Werk Bonn damit ein Stück Chancengerechtigkeit.