Von Kolumbien nach Hagen.
Mit dem Herzen bei den Menschen.
Ich wurde 1946 in Bogotá, Kolumbien geboren – als Tochter einer Kolumbianerin und eines Deutschen. Meine Mutter war eine bescheidene, mutige und engagierte Frau. Bis heute ist sie ein großes Vorbild für mich. Sie setzte sich für ihr Viertel ein und scheute sich nicht, beim Bürgermeister Forderungen zu stellen. So trug sie maßgeblich dazu bei, dass Wasser- und Stromleitungen gelegt wurden. Mit 22 Jahren wollte ich die Familie meines Vaters kennenlernen und meine Schwester in Deutschland besuchen. Geplant waren nur ein, zwei Monate. Doch als ich bei der kolumbianischen Botschaft in Bonn Papiere beantragen wollte, wurde ich gefragt, ob ich dort nicht als Sekretärin arbeiten wolle. Da ich ohnehin einmal die vier Jahreszeiten erleben wollte – das kannte ich aus Kolumbien nicht –, sagte ich zu. Aus wenigen Monaten wurden viele Jahre.
Magdalena Walthes, Dorathea Erkeling und Erika Hankeln sind Helfer der ersten Stunde.
Ankommen – und bleiben
In Deutschland lernte ich meinen späteren Ehemann kennen. Wir zogen in seinen Heimatort Hagen-Hohenlimburg und gründeten eine Familie. Seine Verwandten nahmen mich herzlich auf. Ich pflegte seine Eltern und Tante über 22 Jahre lang – eine Zeit, die uns alle geprägt hat. Trotzdem blieb die Sehnsucht nach Kolumbien. Ich reiste regelmäßig dorthin, so oft es möglich war. Ein Weg, mit der Distanz umzugehen, war mein Engagement für „Don Bosco international“. Ich wollte helfen – besonders Kindern in Not.
Engagement, das Spuren hinterlässt
2007 begann ich mein Ehrenamt bei den Caritas-Konferenzen. Gleich zu Beginn renovierten wir unseren Kleiderladen: neue Möbel, helles Design, einladende Atmosphäre. Danach kamen viele weitere Projekte dazu – eine Lebensmittelausgabe, Kunsttherapie für Geflüchtete, ein Arztmobil in Kooperation mit der Stadt Hagen und vieles mehr. Gemeinsam mit den Sozialarbeiter*innen der Caritas konnten wir viel bewegen.
2015 veränderte sich die Lage erneut: Der Bedarf an Unterstützung stieg stark an. Wir organisierten Verteilungen von Lebensmitteln, Kleidung und Einkaufsgutscheinen. Für geflüchtete Frauen richteten wir Frühstückstreffen ein, die Männer begleiteten wir mit Fußballangeboten. Und wir organisierten Deutschkurse. Ich wusste aus eigener Erfahrung, wie schwer es ist, sich in einem fremden Land zurechtzufinden. Meine Sprachkenntnisse in Spanisch und Englisch kamen mir dabei zugute.
Was mich bis heute trägt: Ich versuche, den Menschen in die Augen zu schauen, sie zu verstehen, zu helfen – und sie zu würdigen. Jeder Mensch verdient Zuneigung, Respekt und Anerkennung. Unabhängig von Herkunft oder Zukunft.
Auch 2021 war ein einschneidendes Jahr: Die Flutkatastrophe traf Hohenlimburg. Unser Kleiderladen war betroffen, viele Privathaushalte ebenso. Für mich war sofort klar: Ich muss für die Menschen da sein. Ich ging von Tür zu Tür, hörte zu, vermittelte Hilfe. So konnte ich rund 192.000 Euro an Spendengeldern von der Caritas und anderen Organisationen direkt weitergeben – weil ich ganz nah dran war. Später übernahm der Staat vieles, dann konnte ich mich zurückziehen.
Geschichten, die bleiben
Wenn ich auf mein Engagement zurückblicke, denke ich vor allem an die bewegenden Geschichten der Menschen, die zu uns kamen – und oft auch wieder gingen: Eine junge Inderin, die aus Liebe nach Deutschland kam, von ihrer Familie verstoßen wurde und nach kurzer Zeit von ihrem Mann verlassen. Ein junger Mann aus Nigeria mit schweren Wunden am Bein, der sich nichts mehr wünschte, als einmal mit einem schönen Mädchen zu tanzen – kürzlich hatte er seine Operation.
Doratea Erkeling und Erika Hankeln von der Caritas-Konferenz haben 50 Weihnachtstüten für Betroffene gepackt. Darin unter anderem eine Kerze und ein selbstgebastelter Stern.
Eine albanische Familie, die ich sehr ins Herz geschlossen hatte, wurde von einem Tag auf den anderen abgeschoben. Heute lebt sie glücklich in Frankreich. Ein weiterer Nigerianer, der sich mit viel Fleiß und einem Job in einer Bäckerei ein neues Leben aufgebaut hat. Ich durfte all diese Menschen in sensiblen Lebensphasen begleiten – und habe dabei mindestens genauso viel von ihnen gelernt.
Doratea Erkeling wurde 2019 für ihr langjähriges Engagement gemeinsam mit ihrem Mann mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Mich begleitet die Pädagogik von Don Bosco bis heute: Menschen in Not sind wie Edelsteine. Wenn man sie aufhebt, beginnen sie zu glänzen. Hilfe bringt Licht – für Menschen, die es dringend brauchen.